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Das war 2020.

Wie aus Ania eine Anna wurde
Eine außergewöhnliche polnisch-deutsche Migrationsgeschichte

Im Rahmen des 20. Polnischen Kaleidoskops hatten am 20. Oktober 2020 der Arbeitskreis Städtepartnerschaft Olkusz-Schwalbach und die Deutsch-Ausländische Gemeinschaft die Schriftstellerin Dr. Judith Reusch zur Lesung aus ihrem Erstlingswerk eingeladen. Günter Pabst begrüßte die Schriftstellerin im ausverkauften Kleinen Saal des Bürgerhauses zu dieser außergewöhnlichen Veranstaltung unter Corona-Bedingungen: Statt 70 Plätzen durften nur 24 Plätze belegt werden.

Judith Reusch setzte das Wissen über die jüngste Geschichte Polens weitgehend voraus, und so machte sie uns gleich mit Ania, dem aufgeweckten Mädchen bekannt, das bei seinen Großeltern mit seiner älteren Schwester zurückbleiben musste. Der Vater nutzte einen Erntehelfer-Aufenthalt und blieb in Deutschland, und die Mutter bekam auf Umwegen nur eine Ausreisegenehmigung ohne die Kinder. Sie fuhr zu ihrem Mann in der Hoffnung, dass die Kinder bald nachfolgen würden. Das Kriegsrecht, von dem damaligen Ministerpräsidenten Wojciech Jaruzelski 1981 verhängt, machte einen Strich durch diese Überlegungen. Ania, 8 Jahre alt, sieht die Welt etwas anders als die Erwachsenen und vertraut sich ihrem Tagebuch an. Sie sammelt darin ihre Wörter.

Erst nach einem Jahr dürfen sie dann endlich zu ihren Eltern nach Deutschland ausreisen. Ania spricht kein Deutsch, und Judith Reusch schildert mit eindrucksvollen Worten den Werdegang des jungen Mädchens, bis aus Ania eine Anna wurde. Humorvoll erzählt sie die Geschichte, die auch eine Geschichte einer erstaunlich gelungenen Integration ist.

Dr. Judith Reusch
© Günter Pabst

Im anschließenden Gespräch erläutert sie, dass die Rahmenhandlung autobiografische Züge hat und die eine und andere Szene tatsächlich passiert ist, so z.B. die Geschichte mit dem Aufzug, den sie nicht alleine bedienen konnte.

Judith Reusch sprach auch über ihren Lebensweg, der nicht gradlinig verlief. In der Zeit der Mutterschaft war an eine Karriere in der Universität nicht zu denken. Aber sie ließ sich nicht entmutigen – etwas, was vielen Polen, die in Deutschland leben, zu eigen ist –, zielstrebig baute sie ein kleines Startup-Unternehmen auf und schneiderte erfolgreich mit befreundeten Müttern Kinderkleidung.

Einige Zuhörerinnen knüpften in ihren Fragen an ihre eigene Biografie an und machten deutlich, dass der Prozess der Integration ein schwieriger und langwieriger ist, auch wenn er im Rückblick als gelungen empfunden wird.

Judith Reusch machte Abitur, studierte und promovierte. Heute ist sie als Dozentin für Deutsch am Sprachzentrum der Universität Stuttgart tätig.

Dr. Judith Reusch an der Albert-Einstein-Schule
© AES Schwalbach

Auf Vermittlung des kommunalen Jugendbildungsreferenten, Achim Lürtzener, war Frau Dr. Reusch am Vormittag des nächsten Tages an der Albert-Einstein-Schule (AES) mit ihrem Buch beim PoWi-Leistungskurs der Stufe Q1 von Cordula Russe-Kalenberg zu Gast. Dabei verstand sie es, den literarischen Stoff durch eine hinführende gemeinsame Erarbeitung des zeitgeschichtlichen Hintergrunds für die Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar zu machen. Dass es der Autorin gelungen war, das Interesse der Jugendlichen zu wecken, belegte das ausführliche Nachgespräch, bei dem neben politisch-historischen Themen auch Einschätzungen zur aktuellen politischen Situation in Polen und zur Vergleichbarkeit mit der Demokratiebewegung in Belarus behandelt wurden. Zudem kamen aufgrund der autobiografischen Bestandteile des Romans viele persönliche Fragen auf, die von Frau Dr. Reusch gern beantwortet wurden. Letzteres beurteilte Jochen Kilb, Fachbereichsleiter Gesellschaftswissenschaften an der Albert-Einstein-Schule, im Nachgang der Veranstaltung besonders positiv: „Wenn Schule den Jugendlichen erlebte Zeitgeschichte durch familiäre Schilderungen nahebringt, so kann dies vielleicht sogar nachhaltiger sein, als reine Faktenvermittlung.“

Es ist ein außergewöhnliches Buch von einer außergewöhnlichen Schriftstellerin:
„Anna – Das Buch der Wörter“ ist im Kalliope Paperbacks Verlag Heidelberg erschienen

Günter Pabst


Neujahrstreffen

Am 17. Januar 2019 kam der Arbeitskreis Städtepartnerschaft Olkusz-Schwalbach zu seinem Neujahrstreffen zusammen. Erich Stichel, Vorstandsmitglied, wies in seiner Begrüßungsrede auf die Erfolgsarbeit des vergangenen Jahres hin.

Dazu gehörte zweifellos das Programm des 19. Polnischen Kaleidoskops, mit dem „Konzert Zagan Acoustic“, der Ausstellung „Lebenspfade – Polen im RheinMain“, ein historisches Mosaik, das die Besucher über Vergangenheit und Gegenwart der Polen in diesem Gebiet informierte, und das 40-jährige Jubiläum Avrillé-Schwalbach, an dem auch die Freunde aus Olkusz teilnahmen. Als Beitrag für das Jubiläumsprogramm präsentierten junge Olkuszer auf dem Interkulturellen Marktplatzfest Tänze in historischen und traditionellen Kostümen, wofür sie reichlich Applaus erhielten.

Neben den Jubiläumsprogramm gab es für den Arbeitskreis eigene Veranstaltungen: den schon obligatorischen Städtepartnerschaftsabend im Gimbacher Hof und die interessante Skulpturenwanderung in Schwalbach und Eschborn-Niederhöchstadt. Im Anschluss an den Schwalbach-Aufenthalt ging es auf der Rücktour zum Point Alpha/Geisa und der Kunststation Kleinsassen, beides fand bei den polnischen Freunden große Zustimmung.

Die Beteiligung am Schwalbacher Weihnachtsmarkt war für den Arbeitskreis ein beachtlicher Erfolg, vor allem der von den Mitgliedern zubereitete Bigos – ein Sauerkraut-Fleischgericht - ist seit Jahren schon bei den Besuchern des Weihnachtsmarktes eine sehr gefragte Spezialität.

Erich Stichel dankte allen, die an der Organisation und Durchführung der Aktivitäten beteiligt waren, allen Gastgebern wie auch den vielen Spendern. Mit diesem Engagement kann der Arbeitskreis auch weiterhin seine sehr lebendige Tätigkeit fortsetzen.

Nach dem Rückblick in das Jahr 2019 ging Erich Stichel auf das diesjährige Programm ein. Das Polnische Kaleidoskop bietet wieder Großartiges, wenn nicht Hervorragendes. Erwartet werden: Teresa Kaban und Henryk Blazej, die die Zuhörer auf eine „Musikalische Weltreise von Warschau nach Buenos Aires und zurück“ entführen, Manfred Sapper will diesmal über das aktuelle Thema „Polen, die gespaltene Gesellschaft“ berichten, der Film „Die Frauen der Solidarność“ greift die Geschichte der Frauen auf, die sich dort engagiert haben und bisher kaum Erwähnung und Beachtung fanden.

Mit viel Neugier wird wieder der Vortrag von Andrzej Kaluza über die „Polnische Wirtschaft“ erwartet. Dieser allgemein negativ besetzte Begriff erfuhr 1989 eine positive Wende als Folge des kleinen polnischen Wirtschaftswunders und des gemeinsamen Wirtschaftsraums zwischen Deutschland und Polen.

Eine besondere Veranstaltung erwartet die Schwalbacher am Freitag, 15. Mai 2020. Der Kulturkreis GmbH und dem Arbeitskreis ist es wieder einmal gelungen, Steffen Müller nach Schwalbach zu holen. Im Großen Saal des Bürgerhauses startet seine Show: „Weronika, dein Mann ist da! – Wenn Deutsche und Polen sich lieben“. Die Besucher können sich auf einen unterhaltsamen Abend freuen.

Als Vorbereitung für die vom Arbeitskreis organisierte Reise in die Masuren berichtet Andreas Kossert zum Thema: „Masuren: eine europäische Grenzregion zwischen Preußen, Deutschland und Polen“. Die Besucher erfahren Wesentliches über die Menschen dieser vergessenen Region und ihre Sprache, über den harten Lebensalltag der Bauern, ihr Los während der zahlreichen Kriege und während Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen.

Musikalisch begleiteten den Abend, wie bereits in den vergangenen Jahren, die Brüder Jan und Sebastian Krolak. Sebastian spielte Lieder auf der Klarinette und Jan auf Fagott und Klavier, und jedes Jahr aufs Neue konnten die Zuhörer sich von ihrer gesteigerten Leistung überzeugen. Die Fotos von Horst Rauer vom vorjährigen Besuch in Olkusz riefen bei vielen der Anwesenden die heitere Stimmung der damaligen Tage wieder in Erinnerung.

Jan Królak Sebastian Królak

Jan (links) und Sebastian Królak (Fotos: privat)

Den Vorsitzenden des Arbeitskreises Günter Pabst hinderte eine hartnäckige Erkältung an der Teilnahme am diesjährigen Treffen. Alle Mitglieder wünschen ihm baldige Genesung und danken für sein unermüdliches Engagement in der Partnerschaftsarbeit.

In gemütlicher Runde, bei einem Buffet von Selbstgebackenen, -gegarten und -geschnipselten, bei gutem Wein und kühlem Bier und bei lebhaften Gesprächen genossen alle Mitglieder ihren Abend.

Barbara Cebulla

 
Freunde Olkusz | kulturkreis@schwalbach.de